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Kleines Lexikon der Innenarchitektur

Kinderzimmer

Kleine Welt ganz groß …

Die Planung eines Kinderzimmers erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit den individuellen Bedürfnissen des jungen Bewohners.

Es sind sehr häufig kleine und enge Räume, ausgestattet mit vorhandenem Mobiliar, welches an anderer Stelle nicht eingesetzt werden konnte, jedoch zum Abschaffen zu schade war. Oft eher aus der Notwendigkeit als aus planerischem Willen entstanden, nicht selten mit dem Ansatz, im jungen Kindesalter werde die Ausstattung des Raumes wegen der starken Beanspruchung eh nicht lange halten und könne erst einmal improvisiert vorgesehen werden, bevor man sie dann im Jugendlichenalter durch etwas Schöneres ersetzen werde. Dazu kommt in der Regel der finanzielle Aspekt, der gerade jungen Familien scheinbare Grenzen setzt.

Dabei ist gerade eine rechtzeitige und gut überlegte Planung des Kinderzimmers der Garant dafür, dass dieser Raum von Beginn an mit dem Kind und späteren Jugendlichen wachsen kann und ihn in seiner individuellen Entwicklung und Persönlichkeitsbildung positiv unterstützt.

Kaum ein anderer Raum muss so viele unterschiedliche Funktionen erfüllen. Während die Erwachsenenwelt ihre Wohnbedürfnisse auf verschiedene Räume verteilt, muss dieser Raum eine Vielzahl multifunktional vereinen: Er ist Schlafstätte und privater Rückzugsort, Stauraum für Kleidung und Spielsachen sowie funktionstüchtiger Arbeitsplatz und Hobbyraum. Er ist Spielzimmer, gleichzeitig aber auch Wohnraum, um sich mit Freunden zu treffen, zum Lesen oder nur zum Relaxen. Vor allem aber soll er ein Raum sein, um sich darin wohl und sicher zu fühlen.

Für die Planung sind die gleichen Gestaltungskriterien und Vorgehensweisen anzuwenden wie für jeden anderen Raum auch. Zu Beginn steht die intensive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen des jungen Bewohners, mit der Analyse der unterschiedlichen Ansprüche, die sein Heranwachsen mit sich bringen werden.

Die unterschiedlichen Funktionen müssen eine eindeutige Position im Raum erhalten und sich ablesbar voneinander abgrenzen, dadurch werden Ordnung aber auch eine gewisse Großzügigkeit geschaffen. Dabei darf der Raum nicht vollgestopft und überladen werden:

Das Bett sollte so platziert werden, dass ein Gefühl von Behaglichkeit entstehen kann. Prädestiniert sind eingegrenzte Eckbereiche oder Nischen mit Kojencharakter.

Der Arbeitsplatz für die Schulaufgaben wiederum muss eine Position mit möglichst guter, natürlicher Belichtung einnehmen. Dabei sollte das Licht von der Seite kommen, beim Rechtshänder von links, damit nicht der eigene Schatten störend beim Schreiben wirkt. Gleichzeitig darf für das Arbeiten am Rechner keine Blendwirkung entstehen. Insgesamt sollte der Arbeitsplatz – in der Regel ein Schreibtisch in Kombination mit Rollcontainer und Regalen – alle benötigten Materialien und Hilfsmittel griffbereit unterbringen.

Stauflächen lassen sich idealerweise in Einbauschränken vorhalten. Durch die ganzflächige Belegung von Wänden lassen sich Flächen, z.B. auch unter Dachschrägen optimal nutzen. Gleichzeitig haben sie den Vorteil, dass durch den Einbau vom Boden bis zur Decke und von Wand zu Wand optisch der Eindruck einer Raumbegrenzung entsteht und nicht die Wirkung eines eingestelltes Schrankes, welcher Grundfläche beansprucht und dadurch den Raum verkleinert. So kann auch die Raumwirkung eines kleinen Zimmers großzügig gestaltet werden. Bei der Belegung der Stauflächen sollten Kleidung und Spielsachen eindeutig voneinander getrennt werden. Dabei helfen geschlossene Schrankflächen, ein zu großes Chaos zu verstecken, im gleichen Zuge sind aber auch offene Regalflächen zwingend notwendig, um einerseits den Raumeindruck, z.B. durch dekorative Elemente aufzulockern, andererseits aber auch, um das Ordnunghalten auf sichtbaren Flächen zu üben.

Platz zum Spielen, vornehmlich auf dem Boden, muss bewusst vorgesehen werden. Dieser sollte nicht zu gering bemessen sein und nach Möglichkeit in einem Bereich liegen, der nicht die Hauptverkehrsfläche des Raumes bildet, damit die aufgebaute Autorennbahn oder die Ritterburg auch einmal über mehrer Tage stehen bleiben kann.

Ein kleiner Wohn- und Relaxbereich mit Sofa oder Sitzsack kann zum Lesen oder Zusammensitzen mit Freunden dienen, alternativ kann dafür auch ein zum Sofa wandelbares Bett genutzt werden, was aber in der Nutzung einen unpraktischen Aufwand darstellt.

Die sich verändernden Ansprüche fordern von Beginn an eine Flexibilität des Raumes. Er muss sich über die Jahre hinweg verändern und anpassen lassen können. Während Grundeinheiten wie Einbauschränke natürlich festgelegt sind, können andere Elemente durchaus flexibel und wandelbar eingesetzt werden:

Eine Wickelkommode wird später durch Entfernen des Aufsatzes zum Sideboard, Regale für Babyutensilien lassen sich nach der Säuglingsphase als Raumteiler einsetzen und grenzen einzelne Bereiche wie Arbeiten und Spielen voneinander ab. Besondere Schreibtische und Arbeitsstühle wachsen mit der zunehmenden Körpergröße mit und ermöglichen stets eine ergonomische Körperhaltung.

Wichtig ist, dass diese Möbel von Anfang an für diesen Zweck ausgewählt werden und dadurch auch zusammenpassen und ein selbstverständliches Gesamtbild ergeben. Natürlich spielt hier auch entscheidend die Qualität und Robustheit des Möbels mit hinein, des Weiteren die Schadstofffreiheit des Materials, nachgewiesen durch unterschiedliche Gütesiegel.

Ebenso wichtig für die Flexibilität des Zimmers ist von Anfang an ein schlüssiges  Farb- und Materialkonzept, welches im Laufe der Jahre immer wieder ergänzt und unterschiedlich kombiniert werden kann. Es sollte eine Grundgestaltung vorsehen, die auch für einen Jugendlichen und später jungen Erwachsenen funktioniert. Diese kann beispielsweise aus weißen Oberflächen in Möbeln und Einbauten in Kombination mit einem neutralen, aber warmtonigen Teppichboden bestehen. Auch Holzoberflächen sind denkbar, solange sie nicht allzu flächendeckend eingesetzt werden. Hier kann sonst leicht der Eindruck einer beengten Holzschachtel entstehen.

Die Grundgestaltung kann dann entsprechend den sich ändernden Interessen und Vorlieben des Bewohners durch Wandfarben und andere Farbakzente in Bettwäsche, Vorhängen und Dekorationen austauschbar erweitert werden. Hier ist dem jungen Nutzer ab einem gewissen Alter durchaus ein Mitspracherecht einzuräumen, welches die Identifikation mit den eigenen vier Wänden positiv steigert. Natürlich sollte vorsichtig Einfluss genommen werden, wenn Farben allzu künstlich, intensiv und bunt oder in zu großen Flächen gewünscht werden, hier sollte zwar grundsätzlich das Kind mit seinen Wünschen zum Zuge kommen, es muss  aber auch berücksichtigt werden, dass bestimmte Farben auch kontraproduktiv wirken können, wenn sie nur Aktivität hervorrufen und nicht auch ein beruhigender Ausgleich stattfindet.

Ein weiterer Aspekt ist die thematische Gestaltung des Kinderzimmers. Die Vorliebe für Dinosaurier, Pferde, Katzen oder Rennautos kann durch Wandtattoos, Poster und Bilder eingebracht und je nach Alter wieder leicht entfernt und ausgetauscht werden.

Insgesamt ist ein „Zuviel“ zu vermeiden. Das gilt für die Farbe und Dekoration ebenso wie für die Möbel und vorgehaltenen Stauflächen. So klein das Zimmer auch sein mag, so muss es doch auch freie Flächen und Ecken behalten, die ein Ablesen der Raumgeometrie ermöglichen und so einen Eindruck von Enge vermeiden.

Hier spielt schließlich auch das Thema Beleuchtung mit hinein: Eine zentrale Deckenleuchte sollte eine helle Grundausleuchtung bereitstellen, jedoch durch Tisch- und Stehleuchten sowie durch indirekte Lichtquellen in Einbauten atmosphärisch ergänzt werden.

Die Berücksichtigung jedes einzelnen Aspektes stellt eine sicherlich nicht ganz einfache Aufgabe dar, ist jedoch erforderlich, um den kleinen, aber vielschichtigen Kosmos eines Kinderzimmers zu begreifen und für die Kindesentwicklung förderlich zu gestalten.