Themen
Kleines Lexikon der Innenarchitektur

Flure

Der erste Eindruck zählt …

Eingangsbereiche, Dielen und Flure sind das Aushängeschild einer Wohnung oder eines Hauses und werden dennoch in ihrer Gestaltung häufig vernachlässigt.

Sie heißen den eintretenden Gast wie auch den eigenen Bewohner willkommen und bestimmen das Gefühl, welches dieser beim Betreten der Räumlichkeiten hat. Sie sind die Visitenkarte der Menschen, die hier wohnen, machen die erste Aussage über deren Lebensweise und bilden den Auftakt zu den Räumen, die dann folgen.

Häufig besteht dieser Empfang jedoch aus einer Unmenge von abgestellten Schuhen direkt hinter der Eingangstüre, einer überfüllten Garderobe, die keinen Platz für auch nur eine weitere Jacke bietet, und Stauschränken, die aus allen Nähten platzen. Die künstlich erzeugte Enge macht den Zugang oft sogar unbequem, erst recht, wenn mehrere Personen gleichzeitig eintreten möchten. Dazu erfährt dieser Bereich durch seine räumliche Lage meist kein oder nur wenig natürliches Tageslicht.

Der Grund für diese Situation besteht in der unbewussten Unterbewertung dieses Raumes, der manchmal gar nicht als eigenständiger Raum angesehen wird. Während Wohnraum, Küche, Schlafzimmer und diverse andere Bereiche eine aufwendige Gestaltung erfahren, bleibt der Eingang mit seinem anschließenden Flur übrig, weil man sich hier ja eh nicht aufhält, sondern nur hindurchgeht. Mit der häufig zusätzlichen Nutzung des Eingangsflures als Staufläche muten viele dieser Bereiche wie reine Lagerräume, nicht aber wie Lebensräume an.

Dabei ist die Rolle dieses Raumes als Ankunftsort und Verteiler zwischen den einzelnen Zimmern genauso wichtig einzustufen wie die Bedeutung der anderen Bereiche auch, dementsprechend sollte sich gerade hier die Gestaltsprache der gesamten Wohnung wiederfinden, denn hier nimmt sie quasi ihren Ausgangspunkt und führt in die anderen Räume über bzw. führt die Räume gestalterisch zusammen.

Es gilt, den Eingangs- und Flurbereich ebenso wertig zu gestalten wie die anderen Räume auch, d.h. auch hier im Vorgeld eine Analyse der räumlichen Gegebenheiten zu betreiben und eine individuelle Entwurfsgeschichte zu entwickeln, die dem Raum eine großzügige und atmosphärische Identität gibt, seine eventuellen Nachteile durch geschickte Maßnahmen ausgleicht und gleichzeitig eine reibungslose Funktion ermöglicht (s. auch Aktuell-Beitrag „Eine Geschichte, die erzählt werden will …“).

Dies setzt voraus, dass der Eingang nicht von vornherein mit allen nur denkbaren Funktionen überfrachtet wird. Garderobe: ja, für den täglichen Bedarf und für Gäste – aber müssen hier die gesamten Sommer- wie Winterjacken einer vierköpfigen Familie komplett verstaut werden? Das Gleiche gilt für das Thema Schuhe. Sicherlich sind viele räumliche Gegebenheiten nicht üppig, aber gerade dann ist es notwendig, sich auf das Wesentliche zu beschränken und auch eine gewisse Ordnung walten zu lassen, sprich: zu reduzieren, aber auch regelmäßig aufzuräumen.

Gerade auf kleinen Flächen bieten z.B. Einbaumöbel, die Möglichkeit, den vorhandenen Platz optimal zu nutzen, dabei Nischen und Wandversprünge einzubinden und optisch zu kaschieren, um den Raum eindeutig zu definieren und zu beruhigen. Gleichzeitig haben Einbaumöbel den Vorteil, dass sie vom Empfinden her einen größeren Raumeindruck entstehen lassen: Während ein Einzelschrank vor einer Wand stehend scheinbar Raum einnimmt, ist der Einbauschrank raumbildendes Element, also selbst Wand, vor der sich freie Fläche befindet. Großflächige Spiegel über die gesamte Raumhöhe können in engen Bereichen den Raum optisch weiten und so einen großzügigeren Eindruck schaffen. Dabei sollte aber darauf geachtet werden, dass ein solches Mittel nicht unmittelbar gegenüber der Eingangstür eingesetzt wird. In diesem Fall hätte der eintretende Besucher das Gefühl, gleich wieder hinauszugehen.

Neben eingebauten Stau- und Garderobenschränken ist es aber dennoch wichtig, auch einzelne freistehende Elemente zuzulassen, die für wohnliche Atmosphäre sorgen, und nicht ausschließlich mit einer Staufunktion belegt sind: Kommoden und Wandboarde bieten hier die Möglichkeit, dekorative Elemente wie einen frischen Blumenstrauß aufzustellen, oder beim Ankommen einen Schlüssel einfach abzulegen. Hocker oder Bänke schaffen einen wohnlichen Charakter und sind gleichzeitig hilfreich beim Anziehen von Schuhen.

Ungewöhnlichere Lösungen belegen den Eingangs- und Flurbereich mit Funktionen, die zu einem Verweilen in diesem Bereich auffordern und ihn somit direkt in die Nutzfläche einbeziehen: Ein Klavier, das hier seinen selbstverständlichen Platz, z.B. definiert innerhalb eines Einbauregals findet, kann den Flurbereich zu einem zentralen Treffpunkt machen. Wichtig ist hierbei, dass nicht der Eindruck einer Notlösung, sondern einer bewusst gestalteten Situation entsteht.

In Neubauprojekten lassen sich Eingangsbereiche so gestalten, dass sie großräumig und fließend in den Wohnbereich übergehen und somit von vornherein zum Wohnraum gehören. Durch geschickte Mittel wie Glasschiebetüren oder Faltwände lassen sie sich dann bei Bedarf abtrennen, wenn es darum geht, separate Einzelbereiche zu schaffen.

Auch ist das Thema Beleuchtung ist ein wesentlicher Aspekt, der die Erscheinung des Eingangsbereichs oder Flures entscheidend beeinflusst: Hier geht es darum, ein Beleuchtungskonzept zu entwickeln, welches neben einer guten Ausleuchtung des Raumes auch interessante Lichtszenerien ermöglicht. Zunächst muss der Eintretende das Gefühl haben, dass er alles gut wahrnehmen kann, das erzeugt unterbewusst ein Gefühl von Sicherheit. Dunkle Ecken und Nischen sollten vermieden werden, da mit ihnen instinktiv Gefahr assoziiert wird, auch wenn natürlich keine Gefahr besteht.

Dabei setzen direkte Lichtquellen bestimmte Raumbereiche ins rechte Licht und sorgen dafür, dass sich z. B. der Betrachter im Spiegel richtig sieht. Dies kann durch Deckenleuchten, aber auch Deckenspots erreicht werden. Hier ist allerdings gleichzeitig darauf zu achten, dass Deckenspots die Decke an sich dunkel belassen, so dass weitere Lichtquellen notwendig sind, die dies ausgleichen. Indirekte Beleuchtungen in Abhangdecken und Einbaumöbeln sorgen für zusätzliche stimmungsvolle Akzente und können das Raumvolumen unterstreichen.

Schließlich ist die Wahl des richtigen Leuchtmittels sowie der Lichtfarbe (warmes Licht, kaltes Licht, imitiertes Tageslicht) entscheidend für die Wahrnehmung des Raumes und seiner atmosphärischen Wirkung, damit der erste Eindruck stimmt …